Symposium am 15. Juli 2011 an der Ruhr-Universität Bochum

Programm

Vormittagsprogramm: 10.00 – 13.15

Begrüßung und Einführung
Prof. Dr.  Wolfram Cremer  Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Bildungsforschung und Bildungsrecht (IfBB)
Prof. Dr. Elmar Weiler  Rektor der Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr. Adelheid Puttler, LL.M.   Dekanin der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum
Ingo Krampen Vorsitzender des Kuratoriums des IfBB

Gemeinschaftsschule als Instrument des Ausgleichs sozialer und ethnischer Benachteiligungen
Sylvia Löhrmann  Stellvertretende Ministerpräsidenten NRW, Ministerin für Schule und Weiterbildung

Moderation der Diskussion: Prof. Dr.  Wolfram Cremer

Selektion/Integration/Inklusion – UN-Behindertenrechtskonvention und ihre Umsetzung in Deutschland
Anke Pörksen  Behörde für Schule und berufsbildung Hamburg, Inklusion/Schulpädagogische Förderung

Das Recht auf Bildung im Völkerrecht
Prof. Dr. Ralf Poscher  Universität Freiburg, Institut für Staatswissenschaften und Rechtsphilosophie

Moderation: Dr. Thomas Langer Wissenschaftlicher Leiter des IfBB

Mittagspause und Imbiss: 13.15 – 14.15

Entscheidungsverhalten von Schülern und Eltern sowie Selektion durch Schule und Schulverwaltung im Übergang zur Sekundarstufe
– empirische Befunde
Prof. Dr.  Gabriele Bellenberg  Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Erziehungswissenschaft der RUB

Die verbindliche Schulempfehlung zwischen Verfassungsauftrag und Verfassungswidrigkeit
Prof. Dr.  Wolfram Cremer

Moderation: Ingo Krampen Rechtsanwalt und Notar

Offene Podiumsdiskussion: „Selektion und Gerechtigkeit“
– Marti Breuer  Ltd. Gesamtschuldirektor der Maria-Sibylla-Merian-Gesamtschule
– Prof. Dr. Peter Drewek Dean der Professional School of Education, RUB
– Werner van den Hövel  Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW, Gruppenleiter Gesetzgebung
– Dr. Albrecht Hüttig Schulleiter, Vorstandsmitglied Bund der Freien Waldorfschulen
– Dr. Lukas Schreiber Leiter des Arbeitskreises Katholischer Schulen in freier Trägerschaft in der Bundesrepubilk Deutschland (AKS)

Moderation: Prof. Dr. Hans-Peter Füssel  Humboldt-Universität Berlin, Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung

Themenschwerpunkt des Symposiums 2011

Zahlreiche empirische Untersuchungen belegen für das deutsche Schulsystem eine im internationalen Vergleich signifikant hohe soziale Selektivität. Das bestehende System führt bei Schülerinnen und Schülern mit bestimmter sozialer bzw. ethnischer Herkunft, aber auch bei solchen mit körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen zu gravierenden Benachteiligungen. Dieser Befund steht im Widerspruch zu der allseits erhobenen Forderung nach Chancengleichheit im Schulwesen − einer Forderung, die in Art. 3 Grundgesetz mit seinem allgemeinen Gleichheitssatz und seinen verschiedenen besonderen Diskriminierungsverboten sowie im grundgesetzlichen Sozialstaatsprinzip zudem eine verfassungsrechtliche Fundierung findet. Zugleich wäre es aber unzutreffend, jede Form der Unterscheidung in der Schule stets und stereotyp als ungerecht auszuzeichnen. Unterscheidung kann vielmehr ebenso gut einen Beitrag zur Herstellung von Chancengleichheit resp. zur Kompensation herkunfts- oder anderweitig bedingter Nachteile leisten. Als einfaches und weitgehend unbestrittenes Beispiel mag die Einrichtung von Förderangeboten neben dem regulären Schulunterricht nur für Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf dienen; hier soll die bewusst unterschiedliche Behandlung der Herstellung von Chancengleichheit dienen. Auf anderen Feldern, etwa bei der Frage der Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit schweren Behinderungen, werden die Vor- und Nachteile einer Selektion resp. einer Integration oder Inklusion sehr viel kontroverser diskutiert. Das ambivalente Verhältnis zwischen Selektion und Gerechtigkeit steht auch zehn Jahre nach Erscheinen der ersten PISA-Studie unvermindert im Zentrum der bildungspolitischen Diskussion.

Dies nimmt das Institut für Bildungsforschung und Bildungsrecht e.V. (IfBB) bei seinem Gründungssymposium als An-Institut der Ruhr-Universität Bochum zum Anlass, verschiedene Facetten des Themas in Vorträgen und Diskussionen näher zu beleuchten. Dabei sollen Wissenschaft, Schulpolitik, Schulverwaltung, Schulpraxis und Vertreter von Schülern, Eltern und Schulverbänden miteinander ins Gespräch kommen.

Die Ministerin für Schule und Weiterbildung NRW, Sylvia LÖHRMANN, wird sich mit der als Schulversuch eingeführten Gemeinschaftsschule als Instrument des Ausgleichs sozialer und ethnischer Benachteiligungen befassen. Anke PÖRKSEN stellt die UN-Behindertenrechtskonvention vor, berichtet über den Stand ihrer Umsetzung in Deutschland und nimmt unter Einbeziehung praktischer Erfahrungen auch erste Bewertungen vor. Prof. Dr. Ralf POSCHER untersucht das Menschenrecht auf Bildung im Völkerrecht im Hinblick auf die staatlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zur Verwirklichung von Chancengleichheit in der Schule. Dabei schenkt er, anknüpfend an verschiedene Urteile internationaler Gerichte, dem Schutz vor mittelbaren Diskriminierungen besondere Beachtung. Prof. Dr. Gabriele BELLENBERG gibt einen Überblick über den empirischen Forschungsstand zur Entscheidungssituation beim Übergang zur Sekundarstufe. Prof. Dr. Wolfram CREMER beleuchtet die Verfassungsmäßigkeit der in den Ländern teils sehr unterschiedlichen schulrechtlichen Regelungen zur verbindlichen Schulempfehlung. Die Tagung endet mit einer offenen Podiumsdiskussion.